LA PAZ
Unser Trip ging weiter nach LA PAZ - der höchsten Hautpstadt der Welt mit 4000 m.ü.N.N.
Auf "Empfehlungen" von partywütigen Holländern haben wir uns ausnahmensweise mal in einem Partyhostel einquartiert. Und zwar mit hauseigenem Irish Pub, was uns schnell zum Verhängnis wurde, weil die Nächte spät ruhig und die Morgende zeitig laut wurden. 8er Schlafsaal mit Raucherecke vorm Fenster und im Innenhof mit krassem Dezibelpegel. In unserem Zimmer war ein netter und vor allem freiwillig englisch sprachiger Franzose. Mit Mathieu haben wir uns schnell angefreundet und mit ihm und den anderen Deutschen, die wir noch kennengelernt bzw. wiedergetroffen haben, viel Zeit verbracht. Vor allem die WM-Spiele gemeinsam gesehen. Und wie Sieger und Verlierer aussehen können, zeigen uns diese Bilder:
Am ersten Abend hübschten wir 2 uns auf, um im Kino "Sex and the City 2" zu gucken und waren anschließend mit ein paar Leuten im hauseigenen Irish Pub. Dort tummelten sich haufenweise U-20-Jährige, die sich meist halbtanzend auf der Bartheke aufhielten und randvoll waren. Naja, die nächsten Nächte verbrachten wir außerhalb des Hostels.
Bzw. ich erstmal 24 Stunden krank im Bett. Bolivien zeigte sich von seiner besten Seite und verpasste meinem Körper erstmal nen fetten Virus, was sich in unschöner Form äußerte. Ich lag und schlief und heilte langsam wieder. Tanja und Mathieu kümmerten sich lieb und mich.
Die folgenden Tage erkundeten wir die Stadt, waren in netten Cafés und Restaurants und machten groß Lama-Sachen-Shopping auf dem Witches Market. Souvenirs ohne Ende, bis wir am Ende jede ca. 7kg mehr Gepäck hatte.
Die Stadt ist qurilig und laut und voller Menschen. Bunt und vollgestopft mit Geschäften und Taxis. Wahnsinns Wuhling dort und dünne Luft dazu.
Ein Highlight in LaPaz waren unsere maßgeschneiderten LEDERJACKEN, die wir auf Anraten unseres Freundes Matthias anfertigen ließen. Mit Katalogen und verschiedenen Bildern als Vorlage stellten wir uns individuell unsere Einzelstücke zusammen. Größe, Schnitt, Farbe, Form, Reißverschlüsse, Knöpfe, alles. Nach nur 4 Tagen konnten wir sie fertig abholen. Sie rochen so gut nach echtem Leder, sahen unfassbar geil aus und kosteten umgerechnet 35€!!! Hat man da Töne?
Die paar Tage in LaPaz waren schnell rum, wir mussten wieder einmal Abschied nehmen und fuhren weiter nach Potosí.
POTOSÍ - 4100m hoch, diese Stadt ist ein weiteres UNSECO Weltkultuererbe. und beherbergt den Cerro Rico (reicher Berg), in dem seit Jahrhunderten Silber, Zinn,Blei und Zink abgebaut werden. Früher 22.000 Schächte, heute noch ca. 2000. Jahrhunderte lang lebten die Minenarbeiter ausschließlich "für den Berg", um mit 50 Jahren körperlich am Ende zu sein und mit 65 das Zeitige zu segnen. Einziger Wehrmutstropfen, wie uns unser Guide berichtete, waren Alkohol und Prostituierte. Laut Autor Andreas Altmann, dessen Buch ich parallel las, waren es im Jahre 2006 noch immer um die 40 Puffs.
Wie dem auch sei, wir wollten uns selbst überzeugen und waren geschockt, welche Zustände noch im 21.Jahrhundert unter Tag herrschten.
Ausgerüstet mit fescher Bergklamotte und Stiefeln, Atemschutz, Helm und Licht ging es weiter zum Miners Market. Dort kauft man den Minenarbeitern entweder Getränke, Kokablätter oder eine Stange Dynamit (jeweils 1€) als Mitbringsel.
Uns wurde sogar eine Explosion demonstriert, die es ordentlich in sich hatte.
Bis dahin waren wir noch entspannt und machten Witze, aber wir wussten aus Erzählungen, was uns erwartet. Eine körperliche Herausforderung wie man sie im ersten Moment nicht erwartet, aber wir waren in Bolivien und nicht im bürokratischen Deutschland, wo alles Regeln und Vorschriften hat...Mit Kokablättern und zugehöriger Asche im MUnd, die uns etwas gegen die Höhe unterstützen sollte, Mundtuch und etwas Wasser machten wir uns mit Guide auf den Weg und ließen für 100 lange und anstrengende Minuten Sonnenlicht und Sauerstoff hinter uns.
Ich hatte den großen Nachteil, noch krank zu sei. Mit einer dicken Erkältung und einer Art Keuchhusten und nonstop laufender Nase startete ich ins "Abenteuer". Nach nur 3 Minuten merkten wir die Hitze und die drückende und extrem dünne und sehr trockene, staubige Luft, die sich trotz oder gerade wegen der enormen Höhe auf unsere Körper legte wie eine schwere Last, die wir nicht abschütteln konnten.
Auf dem Hintern rutschend krabbelten wir in die erste Höhle, in der uns der Minengott gezeigt wurde. Er beschützt die Arbeiter und gibt ihnen Kraft und Glauben, dass das alles einen Sinn hat und ist unglaublich wichtig für sie. Nach Feierabend sammeln sich die Arbeiter dort und trinken höchstprozentigen Alkohol (96%, wir haben eine Fingerspitze voll probiert), um sich den Arbeitsalltag zu erleichtern.
Gänge und Schächte, dunkler und schmutziger, enger und stickiger wurde es. Mein Husten schlimmer, das Wasser knapper und die Platzangst, die wir nicht hatten, baute sich allmählich auf. Die Schächte schrumpften auf 60cm Durchmesser. Wir krochen abwärts durch ungesicherte Löcher, über Rohre und Gestein und krabbelten 2 m nach oben auf einen Absatz.
Dort saß ein Junge und war am Arbeiten. Als wir erfuhren, dass er 14Jahre alt sei, machte sich entsetztes aber stummes Staunen und Fassungslosigkeit breit. Er geht nicht mehr zur Schule und sein Lebensalltag besteht von nun an in dieser Arbeit, da die Minen heute in Privathand sind und generationsübergreifend bearbeitet werden. Sein Vater, mit dem er arbeitet, tauchte plötzlich auf der Bildfläche auf. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn er kam rückwärts und klitschnass aus unfassbarer Enge. Wir machten ihm Platz, krochen langsam zurück und starrten ihn wortlos an. Er erzählte uns recht schüchtern was zu seiner Arbeit. Täglich 8 Stunden unter Tag ohne Essen und Toilette, nur Wasser. Das funktioniert durch Kokablätter, 200 Stück morgens in die Wange gestopft, hilft es gegen Müdigkeit, gegen die Höhe und gegen Hunger.
Unfassbar, wenn man überlegt, unter welchen Umständen noch heute gearbeitet wird.
Etwas weiter im Schacht kamen uns 2 Männer entgegen, die allein einen 2 Tonnen Wagen mit Schutt über die Schienen schoben, abluden und alles mit Hand und Schaufel wegschippten. Wir packten mit an und wollten wissen und spüren, was das für eine harte Arbeit ist. Nach 1 Minute war jeder von uns kaputt.
Der Rückweg war extrem beschwerlich, denn es ging den kompletten Weg bergauf zurück. Enge, O2-arme Luft, meine Lunge raste, mein Hals war staubtrocken, kein Wasser in der Nähe und es wurde langsam klaustrophobisch.
Und dann plötzlich vor uns: Tageslicht in der Ferne...ein Licht am Ende des Tunnels. Mit einer Leichtigkeit und Freude beschleunigte ich mein Gehtempo und verspürte ein Glücksgefühl und eine Freiheit, als ich wieder in der Sonne stand.
Ein beeindruckender und schockierender Besuch in einer wirklich anderen Welt im Jahre 2010.
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