Trab, Galopp und Schmerzen
Wenn jemand glaubt, dass uns ein Besuch in den Silberminen von Potosi (Bolivien) schon unheimlich genug gewesen wäre der irrt sich, denn wir stellten uns der Herausforderung eines zweitägigen Ausritts auf Pferden. Dabei muss erwähnt werden, dass sowohl Caro als auch ich blutige Anfänger im Umgang mit Pferden sind. Das letzte Mal hatten wir vermutlich mit 11 Jahren auf einem Pferd gesessen und eine Runde an der Leine gedreht.
Diesmal sah das etwas anders aus. Nachdem wir morgens gegen 3h mit dem Bus aus Potosi im eiskalten Tupiza ankamen suchten wir uns ein Hostel und schliefen dort erstmal etwa 4 Stunden um dann rechtzeitig bei der kleinen Reiseagentur auf der Matte zu stehen von der uns unsere niederländischen Freundinnen bei der Machu Picchu Tour erzählt hatten. Sie haben uns zu dieser Tour inspiriert...
Wir ließen uns kurz beraten, hörten uns was zu der Route an und machten uns auch direkt fertig um etwa ne Stunde später auf den gesattelten Pferden sitzen zu können. Ein netter junger Guide rüstete uns mit Lederschutz an den Beinen und Cowboyhüten aus, wir bestanden aber darauf Helme zu bekommen, denn wir vertrauten unseren "Reitkünsten" einfach nicht...
Zu dritt machten wir uns nach einem kurzen gegenseitigen Beschnuppern mit den Pferden auf den Weg. Erstmal entlang der Schienen, dann mitten in eine rote Berglandschaft. Wir hatten viel zu lachen, besonders wenn es mal schneller gehen sollte und wir einfach wild auf den Pferderücken umherrutschen und sprangen, weil wir noch nicht in den Rythmus kamen und die Technik theoretisch zwar gut klang aber sich einfach nicht umsetzen ließ.
Unsere erste Rast machten wir in einer Schlucht mit tollen Felsformationen.
Dann ging es weiter Auf und Ab...und unsere Hintern, die schmerzten bereits obwohl wir erst ein paar Stunden unterwegs waren und noch mindestens die Hälfte vor uns hatten. Aber die Landschaft entschädigte während der folgenden Stunden die Schmerzen in Knien und Hintern.
Wir ritten nach einer weiteren Pause am Fluss bei der wir tolles typisches Essen bekamen (in Maiskolbenblätter gewickelte Bälle aus Maispaste mit Fleisch gefüllt...sehr würzig und sehr sättigend) abseits von Straßen und Pfaden, durch Flüsse, Felder und über Kies.
Auf einer weiten Kiesfläche versuchten wir uns nochmal im Galopp, aber irgendwas passierte immer, entweder bekamen wir Steine ins Gesicht geschleudert, irgendwas flog aus unseren Rucksäcken oder Helm und Brille verrutschten... Aber unser Guide war schön geduldig und aufmerksam!
Das letzte Stück ritten wir lange Zeit auf einem Weg durch ein Dorf hindurch, dass sich sehr in die Länge zog. Vom Pferd hatten wir einen guten Blick in die Innenhöfe und Gärten und bekamen einen Eindruck vom ländlichen Leben in dieser Gegend. Wenn jemand mal neugierig um die Ecke lugte oder von uns überrascht wurde so grüßten wir freundlich. Die Menschen dort leben wirklich unter sehr einfachen Verhältnissen und trotzdem hörten wir am nächsten Tag in einem andern Dorf doch tatsächlich die ein oder anderen Rufe von Fussballfans, denn selbst dort verfolgte man die WM über Radio und Fernsehen.
Irgendwann schmerzten unsere Hintern, Knie und Rücken so sehr, dass wir uns einfach nur nach dem Ziel sehnten und froh waren als wir es nach etwa 6 Stunden erreichten. Die schwierigste Aufgabe bestand nun erstmal darin vom Pferd auch wieder herunterzukommen, oh Mann, so fühlt man sich wohl im Alter...alles eingerostet, versteift, verkrampft, SCHMERZ.
Nach einem ausführlichen Dehnungsprogramm in den letzten Sonnenstrahlen legten wir uns in die Betten unseres einfachen Lehmhauses und pennten ein. Später gabs noch lecker Abendbrot mit Suppe usw. begleitet von Chacarera-Musik (Caros absoluter Favorit, hat sie in Argentinien kennengelernt).
Morgens bekamen wir noch ein ausgiebiges Früchstück und hatten als wir uns frohen Mutes auf die Sattel schwingen zum Glück auch kaum noch Schmerzen, nur nen kleinen Muskelkater .)
Wieder staunten wir über die schöne und abwechslungsreiche Landschaft und genossen das Auf und Ab zu Pferde.
Wir trauten uns immer mehr zu und galoppierten auch mal etwas längere Strecken, aber davor hatten wir bis zum Ende großen Respekt. Vor allem weil währenddessen zum Schluss nochmal schön zwei Hunde aus dem Gebüsch geschossen kamen und unsere Pferde zu Tode erschreckten.
Meins bäumte sich aus dem Galopp kommend auf und Caros wich direkt auf den Graben aus und raste mit vollem tempo weiter, so dass wir uns beide einfach nur festklammerten, die Zügel fest anzogen und "para" schrien. Boah als der Guide unsere Pferde zum Halten gebracht hatte schauten wir uns verdattert und froh zugleich an. Sie hatten uns nicht abgeschmissen, aber unsere Herzen rasten wie verrückt. Von nun an waren wir bereit für das Ende dieses Abenteuers, denn auch die Schmerzen kehrten natürlich wieder...nachdem wir unsere Pferde abgegeben hatten gings breitbeinig zurück zum Hostel. Da kann man die Cowboys auf einmal verstehen...
Trotz eines Endes mit Schrecken war es wunderbar, aufregend, anstrengend und erholsam zugleich. Muchas gracias!!!
Nachtrag: Was ich fast vergessen hätte: natürlich haben wir unsere Pferde mit der Zeit auch etwas besser kennengelernt. Meins war das ältere, etwas schwächere, dass leichte Probleme mit der Verdauung hatte. Caro hätte es nach zwei Tagen an dem Geruch erkennen können, denn sie ritt immer hinter mir die Arme. An dieser Stelle wird man weitergehend auf die Charaktere aufmerksam. Weil meins das ältere ist, möchte es auch immer vorne (hinter dem Guide und vor dem jungen) laufen und wehrt sich auffällig, wenn das hintere zu nahe kommt. Caros war also das Unterdrückte, aber dafür das Schönere!
Naja ich mag Pferde jetzt mehr als vorher und möchte auch auf jeden Fall nochmal nen Ausritt machen, aber ein richtiger Fan werde ich in diesem Leben wohl nicht... Saludos eure Tanja
Als erfahrene Reiterin musste ich bei diesem Eintrag schmunzeln... ;)
AntwortenLöschenAber freut mich, dass Ihr es als "eine Erfahrung wert" einstuft :)
eure nika