28. Dezember 2010

Die letzte Etappe meiner Reise bricht an - Brasiliens Küste Teil I

 
So verabschiedeten Caro und ich uns also… Ihrer Abreise nach Deutschland folgte meine, aber erst mal nur weiter nördlich innerhalb Brasiliens und zwar Richtung NATAL im Bundesstaat Rio Grande do Norte von wo aus ich mir den PRAIA DA PIPA  zum Ziel machte.
Brasiliens Küste
Landkarte von StepMap
StepMap Brasiliens Küste



Frohen Mutes zog ich voll gepackt mit meinen inzwischen 4 Taschen auf zum Stadtbus. Als der endlich kam quetschte ich mich mit Hilfe des Fahrkartenverkäufers und einem anderen Mann durch das Drehkreuz hinten im Bus.
Ich schwitzte wie sau, aber zum Glück bekam ich bald einen Platz und konnte meinen Kram um mich herum horten. Sehr schnell musste ich feststellen, dass wir uns nur sehr langsam vom Fleck bewegten, überall Stau, kaum ein Vorankommen. ABER ich blieb ruhig, hatte ja als Deutsche genug Zeitpuffer eingebaut um den Langstreckenbus noch rechtzeitig zu erreichen für den ich das Ticket natürlich auch schon in der Tasche hatte. 
Doch wie es kommen sollte, dauerte es bereits doppelt solang wie gewöhnlich und ich fragte nach, wie lange wir wohl etwa bis zum Ziel bräuchten. Die Antwort „hore e meia“ schockte mich, denn anderthalb Stunden hatte ich nicht mehr. Mein Bus sollte in 40 Minuten fahren! Draußen schüttete es inzwischen wie aus Eimern, wie so häufig im Juli in dieser Region. Mein Kopf ratterte, was tun?
Kurzentschlossen und zur Überraschung aller entstieg ich dem Bus und wollte ein Taxi abfangen. Es schien als hätte ich mir einen der schlechtesten Plätze in der Stadt ausgesucht…jedes Taxi besetzt. Aber nach gefühlten 10 Minuten bekam ich eins und der sehr redebegeisterte Fahrer, der nicht verstand, dass ich ihn nicht verstand, fuhr mich in aller Seelenruhe zu einem Terminal, zum FALSCHEN. Die Zeit tickte, aber ich schaffte es gerade noch rechtzeitig um mir einen Snack zu kaufen, aufs Klo zu eilen, mein Gepäck und mich einzuchecken.
Nach 21 Stunden Busfahrt im überklimatisierten Bus und über 1000 Kilometern erreichte ich Natal am Morgen und verpasste direkt den nächsten Bus zum PRAIA DA PIPA...so dachte ich zumindest, doch er kam verspätet – zum Glück!

Erfahrungen aus denen Träume gemacht sind
Der Bus brachte mich und drei andere Passagiere bei offenen Fenstern, durch die der warme Fahrtwind blies, zum Ziel. Zwar hatte ich den Namen eines Hostels zu dem ich wollte, aber keinen Plan wo das lag, keine Telefonnummer, gar nix. Aber wie das dann doch so ist wenn Engel reisen, stand direkt ein anderer Engel an der Haltestelle und fragte mich „do you have a place to sleep yet?“ Ich sagte ihr wohin ich wollte, aber dass ich weder wüsste wo das sei, noch ob ein Bett frei wäre. Sie holte ihr Engel-Handy raus und rief einen Kollegen an, denn diesem gehört das SUGARCANE Hostel zu dem ich wollte. Als sie sagte, dass er mich in 3 Minuten mit dem Auto abholt, musste ich grinsen, alles läuft wie geschmiert, auch ohne deutschen Plan!
Das Hostel war ein kleiner Traum, genau wie das kleine Ferienörtchen am Praia da Pipa insgesamt auch .Ich kam in einem 6-Bettzimmer unter, vor meiner Tür lag der Aufenthaltsbereich: eine Terrasse mit Blick auf Palmen und das Meer, Hängematten, eine Bar usw.

Ich verbrachte ein paar tolle Tage und Nächte hier, lernte Niederländer, Norweger, Briten, Brasilianer usw. kennen, aß mit ihnen und ging mit ihnen aus, natürlich tanzen, ja,  „Samba Samba die ganze Nacht“. Als die Hostelfreunde mich verließen, blieb ich noch in einer Freiluftbar in der Nähe des Strandes, weil ich eine tanzfreudige Gruppe Brasilianerinnen kennenlernte, die mir bereitwillig ihr Können zeigten und mich ermutigten so richtig die Hüften zu schwingen. Irgendwann spürte ich den Rhythmus und passte meine Schritte ihrem schnellen Samba-Getrappel an. Jeder musste mal in die Mitte, oh je. Als die Party zu Ende ging ließ ich mich dann aber nicht mehr überreden noch weiterzuziehen, ich hatte genug, es war toll so wie es war und ich hatte ja schon Pläne für den nächsten Tag, denn schließlich wollte ich jede Minute an diesem Ort auskosten.

Vollkommene Glückseligkeit – Samba, Delphine und Meer
So machte ich mich am Morgen allein und im Regen aber bei über 20Grad auf zur Delphin-Bucht, versprach mir aber im Voraus nicht zu viel, denn schon in Panama hatten wir uns auf Delphine gefreut und vom Touriboot aus lediglich zweimal ne Flosse gesehen, dann wurden die Tiere von dem Motorenlärm wieder vertrieben.
Die Felsen in der Gegend hatten tolle Farben, manche waren pechschwarz, das Meer sah zum Träumen schön aus und ich war neugierig. Schnell vergessen war die anfangs leichte Angst vor einem Überfall an diesem scheinbar einsamem Strand. Als ich jedoch nach etwa 15 Minuten in die Bucht einbog sah ich ein paar Leute, die sich im Wasser und unter Sonnenschirmen an Land befanden. UND ich sah in der Nähe des Strandes etwas kurz auf- und wieder abtauchen. War das nun tatsächlich ein Delphin? So nah?
Ja! Ich sah zu, dass ich schnell ins Wasser kam und wartete ab. Die Regentropfen trübten den Blick ins Wasser und ich war ganz aufgeregt. Zu recht, denn schon nach kurzer Zeit tauchte in etwa drei Metern Entfernung ein Delphin auf. Ganz kurz sah ich seinen Kopf und den geschmeidigen Körper, dann war er wieder weg. Ich hatte meine Hände vor dem Mund, wollte nicht kreischen, aber staunte dann wohl doch laut, denn die Frau neben mir nickte mir nur glückselig zu. Zusammen mit einer handvoll Leute durfte ich auch noch eine Mutter mit ihrem Kleinen beobachten, das sich mit dem rosafarbenen Bauch nach oben durch das Wasser bewegte. In dieser Bucht gehen die Eltern mit ihren Jungen vermehrt auf Nahrungssuche.

Auch wie ein Delphin einen Fisch jagte war spannend anzusehen so aus der Nähe, er tauchte immer wieder nur mit dem Kopf auf und schnappte nach dem zappelnden Fisch. Nichts konnte mir in den kommenden Tagen etwas anhaben, ich spürte völlige Glückseligkeit und war so dankbar! Und natürlich bin ich am Tag darauf gleich nochmal zur Bucht gegangen.

Sowieso kamen spätestens hier Urlaubsgefühle auf, denn ich erkundete die nahegelegenen Strände zu Fuß und allein und genoss in vollen Zügen den Sand zwischen meinen Zehen, die Leichtigkeit des Seins, die malerische Küste Brasiliens, die freundlichen Gesichter am Strand, die positiven Gedanken beim Einschlafen und Aufstehen. Am Abend vor meiner Weiterreise gesellte ich mich zum gemeinsamen Barbecue im Hostel und verdrückte wie es sich dort gehört ordentlich Fleisch.

Auf nach Fortaleza

Zum Glück habe ich Geduld und Gelassenheit gelernt, denn die Fahrt nach FORTALEZA erwies sich wieder einamalals …lang. Ich verpasste gleich nach dem ersten Bus den Anschlussbus in NATAL und musste 6 Stunden warten. Die Zeit vertrieb ich mir in einem kleinen „Restaurant“ gegenüber des Bahnhofs, weiter traute ich mich nicht zu entfernen, denn mir war die Gegend sehr suspekt! Zwar schien der „Kellner“ sehr nett und aufmerksam - er sah aus wie ein alter Mann aus den Südstaaten der USA in den 50ern oder so – aber alles andere war irgendwie spooky.
Der Klientel sah nach Straße aus, nach Prostitution und Armut. Ich schlang mein Essen runter und flüchtete mich wieder in den Busbahnhof. Dort las ich ein gutes Buch, eine kleine Katze gesellte sich zu meinen Füßen und ließ sich eine ganze Weile von mir streicheln und trank mein Wasser. Dann bin ich noch mit einem jungen Mann ins Gespräch gekommen der wohl mit Seepferdchen arbeitet und mit dem gleichen Bus fahren wollte. Sein englisch war ebenso schlecht wie mein portugiesisch, aber für ein wenig Konversation war es doch ausreichend. 
In Fortaleza angekommen wartete ich auf meinen brasilianischen Capoeira Trainer aus Deutschland/Siegen. Er hatte wohl meine sms nicht bekommen, er war nicht da… Ich wollte ihn anrufen, hatte aber den Zettel mit seiner Nummer verloren und sie auch nirgendwo sonst notiert. Ich sah mich schon allein in Fortaleza umherirren ohne Kontakt zu ihm aufnehmen zu können. Zum Glück fiel mir jedoch die sms ein die ich ihm geschickt hatte, sie befand sich noch im „gesendet“-Ordner, so hatte ich seine Nummer wieder, juhu! Naja um eine lange Story kurz zu machen: nach weiteren 4 Stunden Wartens trafen wir uns endlich.

Capoeira: Geplant, verplant, umgeplant!
Doch dann kam schon der nächste Schlag ins Gesicht. Der angekündigte Capoeira-Workshop für den ich extra nach Brasilien gekommen war , auf den ich mich schon ewig freute und der mit 14 Tagen angesetzt war fand nun doch erst 3 Tage später statt und würde nur 4 Tage dauern. Außerdem seien keine anderen Schüler aus Deutschland bzw. Europa da und damit gab es auch keine gemeinsame Unterkunft. RUHE BEWAHREN.


Nachdem wir den ersten Tag mit gemeinsamem Frühstück, Umhergurken und am Strand chillen verbrachten suchte ich mir ein Hostel und versuchte mich schnell mit der neuen Situation abzufinden: nur drei Tage Workshop, wieder Unterkunft in einem Hostel, keine Bekannten. Ich setzte mich von den Jungs ab, weil sie anderes im Kopf zu haben schienen als sich um einen Gast aus Deutschland zu kümmern  und ich mich unabhängiger bewegen wollte. So schlug ich meinen Weg zum finalen Hostel, zu Garnelen und Forró ein…

Fortaleza: Heiß, richtig heiß
Nachdem ich eine Nacht in einem muffeligen kleinen Hostel ohne Außenbereich und mit komischen Zimmernachbarn schlief, machte ich mich am nächsten Morgen gleich früh auf die Flip Flops (nicht „auf die Socken“…) um die Stadt zu erkunden. Was ich fand war zunächst erst mal Hitze, kein Lüftchen wehte, mir stand der Schweiß auf der Stirn. 
Voller Freude entdeckte ich das Backpackers Inn gleich um die Ecke, in das ich mich umquartierte. Es war der totale Gegensatz zum anderen Hostel: alles war irgendwie draußen, die Küche, der Aufenthaltsraum. Die Zimmer usw. sind alle sehr offen gehalten, haben keine Scheiben in den Fensterrahmen, überall sind Hängematten angebracht und alles ist total gemeinschaftlich und nett. Ich konnte mir ein Bett aussuchen und entschied mich für eines direkt an der Balkontür in einem buntbemalten Zimmer.

In diesem Hostel fand ich viele nette, witzige und aufgeschlossene Leute aus Israel, Russland, Brasilien, Deutschland, England, Spanien usw. mit denen ich die folgenden Tage verbrachte. Wir fuhren zu verschiedenen Stränden, schlemmten von Buffets, tranken Kokosnuss und Acai am Strand, spielten Gitarre, gingen tanzen, kochten im Hostel und quatschten über alles was uns gerade in den Sinn kam. Nachts in open air Discos lernte ich erneut was es heißt bis in die Morgenstunden zu brasilianischen Klängen zu feiern – tanzen (Forró, Samba usw.) satt!
Oh und unbedingt erwähnen möchte ich noch die Marktstände an der Promenade Fortalezas, die die besten Garnelen und Sardinen verkaufen, die ich je gegessen habe. Wir kauften sie kiloweise in Beuteln um sie dann im Strand-Restaurant nebenan mit Knoblauch, Limetten usw. zubereiten zu lassen und sie dann mit Blick aufs Meer und einem leckren kalten Bier genüsslich zu verzehren. 
In dieser Zeit lernte ich auch Benita aus Freiburg (Bild)  kennen mit der ich fast jede Minute der letzten Woche meiner Reise verbrachte. Doch zu unserer traumhaften Woche in CANOA QUEBRADA und zum Capoeira-Workshop nächstes Mal (das letzte Mal!) mehr…


20. November 2010

Caros letzte Reisetage in Lateinamerika


Es war geschafft. Wir betraten wirklich einen Flieger und dann schließlich SALVADOR DE BAHIA an der brasilianischen Ostküste. Meine letzten 10 Tage waren angebrochen und mit der Vorfreude auf die Heimat stieg auch die Trauer, diese unglaubliche Reise bald zu beenden.

Wir nahmen nach dieser Odyssee erstmal für eine Nacht irgendein Hostel und suchten vor Ort weiter.Tanja ging nach vielen Wochen On & Off Krankheit ins Krankenhaus und ließ sich gut durchchecken. Leider kam es ein paar Tage später nochmal wieder, aber  immerhin war sie mal untersucht. Ich schlief erschöpft in der Hängematte und kochte uns später ein tolles Essen. Die Lebensmittelpreisewaren weiterhin saftig - an dieser Stelle blickten wir mit Wehmut auf Bolivien zurück...Da es viel regnete, nutzten wir den Tag zum faulenzen, lesen und DVD gucken.


Tagsdrauf suchten und fanden wir ein Hostel, was sich im Laufe einer Woche zu unserem persönlichen Number 1 Hostel mauserte! Das COBREU, zusammengesetzt aus COlombia + BRasil + Estados Unidos (USA) mit der Geschichte: der Kolumbianer Hector arbeitete vor 4 Jahren in Salvador und lernt die US-Amerikanerin Amelia kennen, die (wie Tanja und ich) auf Reisen war und in Salvador Halt machte. Weil ihr die Stadt so gefiel, wollte sie 2 Monate dort jobben. Lernte Hector kennen und verliebte sich vom Fleck weg in ihn. Heute sind sie beide glücklich verheiratet (beide unter 30), haben 2 Katzen und mal eben ein Hostel gekauft, renoviert und betreiben es zusammen in BRASILien. Eine fabelhafte Geschichte von zwei wirklich fabelhaften Menschen.



Bei Suchen nach einem Hostel kamen wir an allen touristischen Hauptplätzen vorbei. Es wurde Capoeira getanzt, brasilianische Rhythmen auf exotischen Instrumenten gespielt, bunte Farben überall und dann standen wir plötzlich auf dem von mir so heiß ersehnten Platz mit den bunten Häusern und der abfallenden Straße. Pflastersteine gesäumte Straßenzüge, kleine Gassen, gro´ße Plätze, Brunnen, alte rustikale Gebäude und viele Kirchen. Es war wunderschön. Satte 28*C und Sonne ohne Ende. Was will man mehr? Nichts! Dieser Stadtteil PELOURINHO war nun mein letztes "Zu Hause" der Reise.

Aber nicht alles so schön und fluffig, wie es schien. Salvador gehört zu den gefährlichsten Städten in Brasilien und Touristen müssen sich besonders in Acht nehmen. So wurden wir nachmittags, als wir eine nett aussehende Nebenstraße einbiegen wollten, schnell zurückdelegiert. Viel zu gefährlich! Glück gehabt. Bei einem ersten Salvador Mangorovska genossen wir optisch die Capoeira Chicos ein bisschen und mussten schnell merken, dass blonde Mädchen EXTREM beliebt sind bei Brasilianern.

Jeden Dienstag ist Konzert und Samba-Nacht in Salvador. Direkt neben unserem Hostel vor einer uralten Kirche spielt ein Live Band mit Gastmusikern, die wir als Hostelbewohner vom Minibalkon aus perfekt beobachten konnten. Einen leckeren Vino tinto und Rucksackkollegen und der Abend konnte beginnen. Wir wechselten dann auch mal in die Massen und strömten mit diesen nach dem Konzert die Straßen hinterher. Bis dahin wussten wir noch nicht, was uns erwartet. Wir hörten schnelle Samba-Salsa-Rhythmen und als wir näher kamen und die Massen sich zu einem geballten Zentrum lateinamerikanischer Tanzperformation zusammenschlossen, standen wir inmitten eines Samba-Zuges. Mehrere Trommler, die mit freien Oberkörpern schwitzend über ihren Instrumenten hingen und sie kraftvoll schlugen. Einige Tänzer, die wir bereits vom Vortag aus der Capoeira-Gruppe kannten, schnappten uns direkt zum Tanz. Es war wie im Film - nur schöner! Alles kribbelt, alles tanzt, alles vibriert. Wir schwitzen, wir lachen, wir sind glücklich. Es war perfekt und magisch.

Anschließend ging es in die stadtbekannte Salsa Bar, wo wir satte 5 Stunden Salsa tanzten. Mich hatte ein ganz besonders guter Tänzer aufgefordert, ein Inder, der wie kein Zweiter Salsa tanzte. Die Live Band dazu und der Caipi und die Nacht war vollkommen.

Tagsdrauf wurde unser hübsches Viertel Pelourinho erkundet. Ein Haus hübscher als das andere und jedes ein Foto wert. Die Luft und die Sonne und die Salvadorianer machen die Stadt so liebenswert. Der Stadtstrand wurde nachmittags mit zwei Leuten aus dem Hostel unter die Lupe genommen. All inklusive Service! Dort bekommt man sämtliche Getränke, Caipi, Bier, Mittagessen, gebratene Käsestangen und Scampispieße (mmmhhhh...), Eis, Salate, Sonnenöl, Kleider, Bikinis. Und das alles ohne aufstehen. Händler non stop und Sand, Wasser und viel zu ausgiebige Wellen obendrein.
Nach herrlichem Sonnenbad gings abends ins SINFONIEORCHESTER von Bahia im Teatro Yeha. Auf dem Weg dorthin fuhr uns eine Staatskolonne Limosinen entgegen, der brasilianische Ex-Präsident samt Gefolge. Und dafür wurden nicht einmal die Straßen abgesperrt.

Vorm Theater kam uns eine fremde Frau entgegen und drückte uns dreien jedem eine Freikarte in die Hand und wünschte uns viel Spaß. Einfach so. Sachen gibts. Darren wollten sie erst nicht reinlassen, weil er FlipFlops statt schicker Treter anhatte. Wir haben den Türsteher auf Spanisch bequatscht, dass es unser letzter Abend in Brasilien sei und nach 3 tiefen Blicken durften wir alle durch ;) Das Konzert war atemberaubend und für uns alle eine Premiere. Gänsehaut Feeling von Anfang bis Ende.

Das große gemeinsame Finale - Inselromantik im Regen 

Morro do Sao Paulo
Die Chicas auf dem Katamaran
Nachdem Tanjas Magen sie nochmal ausgeknockt hatte, waren wir am Freitag bereit für unsere Inseltour nach MORRO DE SAO PAULO. Bei der Ticketbuchung hat uns eine Firma einfach so angeboten, dass wir zwei zum Preis von einem mit dem Katamaran übersetzen können. 2 Stunden schunkelige Überfahrt für 75 statt 150 Reais. Purer Spaß an vorderster Front. Wir platzierten uns an der Bugspitze und lachten unsere Freude dem Meer entgegen, während unter Deck 40 Personen intensiven Kontakt zu ihren Brechtüten aufnahmen...

Aus der Ferne erkannten wir die smaragdgrüne Insel, wie sie im türkisblauen Atlantik lag und auf uns wartetet. Am Pier angekommen, hatten wir direkt einen der zig Guides an der Backe, der drauf bestand unsere sachen zu schleppen und uns bei der Suche nach einer Pousada (Unterkunft) zu suchen. Morro de Sao Paulo ist in 4 Strände unterteilt, wobei der erste viele Shops hat, der zweite sehr touristisch ist und Bar, Open Air Discos und Restaurants hat und der dritte und vierte ist jeweils ruhig, nur mit den Ferienanlagen. Auf dem Weg dorthin werden die Touris im 3 Minutentakt angequatscht und für Freizeitaktivitäten abgeworben.

Strandalltag
Es war generell alles sehr teuer dort und ich für meinen Teil brauchte mein letztes Geld auf. Wir hatten ein Doppel-Hotelzimmer mit Balkon und Hängematte mit Meerblick. Kurz nach Ankunft überraschte uns Regen und wir genossen erstmal das Rausches des Meeres. Dieser Regen war sollte nicht der letzte sein an diesem Wochenende.


Die zwei Tage vor Ort verbrachten wir mit Spazieren und am Strand schlendern. Außer zwei kurzen Sonnenbädern blieb uns nicht viel Option, unsere Körper nochmal knusprig braun zu kriegen, da die Wolken und der Regen die absolute Oberhand hatten. Reisetagebuch schreiben, faulenzen, schlafen, abends in den Strandbars Cocktails schlürfen und den Sonnenuntergang genießen. Ein kleiner Ausflug zum Leuchtturm war noch bei Sonne möglich und im Frühabendlichen Regen ein Bad im Meer. Abend Gitarrenspieler und ein Tänzchen am Strand bei Vollmond und schon war der letzte Tag angebrochen.


Dieser letzte Ausflug auf die Insel war eine tolle Idee. Jetzt blieben mir noch zwei Tage in Salvador und so langsam fieberte ich der Heimat entgegen.

Die letzten 48 Stunden in Lateinamerika

Es wurde gekocht, gut gegessen, Kunst gekauft für die Lieben daheim, einer Sambaband gelauscht, Kulturprogramm Balé Folclorico mit Urtänzen aus Brasilien angeschaut. Heimweh wurde Fernweh.

Ich war noch immer da und wollte so kurz vor der Abreise natürlich noch bleiben. Wie sollte es anders sein. Jeden Moment, den ich anfing diese unfassbar traumhafte Reise zu reflektieren und die Zeit mit Tanja Revue passieren zu lassen, bekam ich nen Kloß im Hals und wurde melancholisch. Nur noch ein Tag und dann ist dieses Abenteuer zu Ende und du weißt, du kommst nach Deutschland und weißt nicht, wie die nahe Zukunft aussehen wird.

Ich packte die Koffer ein bisschen widerwillig. Das Wetter war perfekt für den letzteb Tag. Nach einem letzten intensiven Sonnenbad und starkem Wellenritt war es so weit...


Abschied nehmen - vom Hostel, von Amelia und Hector. Abschied von Salvador und Brasilien. Abschied von meiner geliebten Reiseschwester Tanja und Abschied von 140 Tagen grenzenloser Freiheit und den schönsten Erlebnissen und Begegnungen meines jungen Lebens. 

Wir standen auf der Straße und bevor ich überhaupt was sagen konnte, fingen wir schon zu weinen an und lagen uns wortlos in den Armen. Wir dankten uns für alles Erlebte und Überlebte und strahlten uns mit tränennassen Augen an. Dann winkte ich und drehte mich um und zog los.

Abschied der Reiseschwestern Caro & Tanja

Bewaffnet mit 29 kg Gepäck in 3 Rucksäcken gings die Straße rauf bei gefühlten 40*C in der Sonne. Meine Vorfreude auf die Familie war aber groß genug, um diese Hürde jetzt auch noch zu schaffen. Busfahrt, Check-In, die ersten motzenden Deutschen nach 20 Minuten und ich war schon wieder bedient. Der Flug war gut, netter Sitznachbar und gute Filme. Gegen 10uhr morgens steuerten wir auf Frankfurt zu und ich schmiss mich auf der Flugzeugtoilette nochmal für meine Elternin in brasilianische Sommerschale -  auch wenn 17 Grad und Regen angesagt waren. Ich wurde immer aufgeregter. Der Flieger landete nach 10 Stunden sicher und heil in Deutschland. Raus und ab zum Fließband. Ein letzter Videobucheintrag und mein Rucksack kam auch wieder mit zurück, ohne ein Stück auf der Reise verloren zu haben!

Ich verlud alles auf den Gepäckwagen, setzte mein Hütchen auf und schob zur großen Tür. Das Herzchen pochte und die Hände waren feucht. Die Türen gingen auf und ich halbe kleine Blindschleiche starrte auf die Massen an wartenden Familien. Plötzlich sah ich eine Sonnenblume und winkende Hände und zwei sehr vertraute und höchst erfreute Gesichter. Scharfe Rechtskurve mit dem Wagen und einfach mal in den Massen stehen gelassen. Endlich konnte ich Mutti und Vati wieder in den Arm nehmen. Man freut sich ja doch immer wieder auf seine Ellies. Quietschende Töne, schluchzende Stimmchen und nasse Augen. "Willkommen zurück Nano!" Sie hatten eine Flasche Sekt und Gläser dabei, die es direkt mal zu leeren gab und ein Körnerbrötchen mit Käse, mein erster Wunsch für Deutschland. Der Empfang war perfekt.



Die Reise meines Lebens in Zahlen:

Start: 14.03.2010 | Frankfurt am Main
Ende: 29.07.2010 | Frankfurt am Main

bereiste Länder: 9
[Costa Rica, Panama, Mexico, Brasilien, Argentinien, Uruguay, Chile, Peru, Bolivien]

Grenzüberquerungen: 16

Kilometer total: 40.000km
(=1x um die Welt)

Unterkünfte: 64



Danke an meine Familie für die großartige Unterstützung und dass ihr mir diese Reise ermöglicht habt!!!

Besonderer Dank an dich Tanja, für die schönste Zeit, die ich mir mit einer Freundin hätte vorstellen können! Danke für die Wahnsinnsmomente, die irren Phasen, die wir uns ausgehalten und aufgepeppelt haben und die unzähligen lustigen und bekloppten gemeinsamen Situationen! Es war ein Fest meine Liebe!!! Ich hab dich lieb :*

Danke an alle wundervollen Menschen, die ich kennenlernen durfte und die unsere Zeit so perfekt gemacht haben.

Vielen Dank auch an alle, die diesen Blog gespannt mitverfolgt haben und denen wir Lust aufs Reisen machen konnten!

Jetzt noch Tanjas letzte Wochen verfolgen und genießen.

Muchisimas Gracias y hasta muy pronto Latin America!


 CARO

P.S.: Alle Fotos aus Brasilien:
http://www.facebook.com/album.php?aid=224046&id=509288286&l=77847a88a8


30. September 2010

Verhext: Klimasturz, Rucksack weg & Airport zu

Nach der Uyuni Tour bzw. nachdem Deutschland aus der WM flog, fing unsere ganz persönliche Pechsträhne an und hielt gute 2 Wochen. 


Kranke Busfahrt & Entführungsängste

Tanja, Lena und ich wollten von Uyuni nach SUCRE weiter. Das Busticket gebucht und mein Magen bereit, mir diese Busfahrt zur schlimmsten meiner Reise zu machen. Wir wurden vorgewarnt, dass die Strecke von 8 Stunden aus komplett unbefestigter "Straße" besteht und die Nachttemperaturen auf bis zu 0 Grad abfielen. Da ich bereits während der gesamten Uyuni Tour krank war und die unangenehmsten Erfahrungen machen musste, setzte sich das Ganze noch fort. Kaum eingestiegen und in der letzten Reihe einquartiert, krampfte sich mein Magen im 40 Sekundentakt so furchtbar zusammen, dass ich teilweise hätte heulen können. Ich gewöhnte mich langsam dran und versuchte zu schlafen. Das Rütteln des Buses hinderte mich daran und verschlimmerte es. Nach einer Stunde tief atmen und abwarten, verschob sich der Magenschmerz nach oben und schwenkte in Übelkeit um. Das Gefühl kannte ich bereits aus La Paz und von der Salzwüstentour und wusste, dass das nicht gut ausgeht. 
Der Bus war wie immer randvoll und ich hatte Mühe, mich über die auf dem Boden liegenden Menschen zu schlängeln, nachdem ich mich entschieden hatte, den Fahrer zu kontaktieren. Im Fahrerkabuff klebten nebst Fahrer 7 (!) weitere Personen - stehend. Ich bat ihn, anzuhalten, es sei dringend und mir ginge es nicht gut. Er motzte mir spanisch entgegen, dass wir in 20 Minuten halten. Bamm, Tür zu. Ich merkte, dass mir mein Magen noch exakt 3 Minuten Schonfrist gab, bevor ich mich hätte übergeben müssen. Ich trommelte immer stärker gegen die Tür, alle starrten mich an, der Fahrer motzte und ich machte ihm sogar noch ein Angebot: "O bien parada o voy a vomitar en el autobús" - entweder Sie halten an oder ich kotze in den Bus. Er hielt, ich rannte. Einzelheiten will ich ersparen, auf jeden Fall arbeitete mein kompletter Körper gegen mich. Nun lagen nur noch 7 Stunden vor uns...

Taxitour auf bolivianisch  - Entführung oder Hilfsbereitschaft?

Als wir um 2Uhr nachts irgendwo in Potosí, 100 km vor Sucre, hielten, machten wir eine seltsame Taxierfahrung. Abgemacht war, dass wir dort 1 Stunden warten und mit dem nächsten Bus nach Sucre weiterfahren. Dann wurden alle Touris / Gringas rausgerufen. 3 Österreicherinnen und wir 3. Sie verfrachteten unsere Rucksäcke in ein Taxi und sagten, wir fahren damit (statt mit dem geplanten Bus). Uns war es absolut nicht geheuer, zumals nur wir Touris gebeten wurden. Totale Aufregung, keine Antworten und irgendwann war sogar der Bus mit den Einheimischen leer und wir hatten keine Alternative. Als ich unseren Busfahrer fragte, ob wir für das Taxi zahlen müssen, stoppte er. Natürlich zahlen. Touristenabzocke. Wir meckerten alle sechs weiter. Angeblich sollten wir für die 2,5 Stunden jeder nur 5 Bolivianos zahlen (50 Cent). Bolivien ist billig, aber das konnte nicht sein! Wir dachten an Entführung, Touriabzocke oder Mädchenhandel...um diese Uhrzeit kommen einem wirre Gedanken. Wir waren alle skeptisch und genervt und redeten mit dem Taxifahrer. Er schien mehr oder weniger "Okay" zu sein und leider auch unsere einzige Chance, dort wegzukommen. Da wir zu sechst waren, enttschieden wir uns gegen unseren Menschenverstand doch für die Fahrt. 
Wir blieben alle hellwach und starrten ununterbrochen auf die Straße. Lena kramte ihr Taschenmesser hervor und hielt es bereit, da wir feststellten, dass unsere Türen von innen nicht aufgingen. Aber Tanja hielt ihn wunderbar wach, saß vorn neben ihm und unterhilet sich prima. So erfuhren wir immer mehr von ihm und es stellte sich heraus, dass er selbst in Sucre lebt, mit seiner Frau, 2 kleinen Kids. Da seine Schicht vorbei war und er so oder so nach Sucre musste, nimmt er immer Touristen für einen Minibetrag mit. So bleibt er wach und die Leute kommen weiter. Am Ende suchte er sogar noch eine Ewigkeit mit uns ein Hostel, weil wir alle nichts hatten, trug unsere Koffer und war unglaublich entgegenkommend. Wahnsinn, wie man sich täuschen kann. 

Der Aufenthalt in Sucre war schön. Eine bildhübsche Stadt mit weißen und creme farbenen Gebäuden, vielen Kirchen, sauber, viele Nebenstraßen. Wir genossen die Zeit nach der Tour und verbrachten den Tag mit Souvenirshopping, Cafés, bummeln und Sonne genießen. 


Keine Weiterfahrt - Busse voll! 
Ich wollte mich am Samstag mit einem Reisefreund Dennis aus den USA, den ich in Argentinien kennen gelernt hatte, in Brasilien wiedertreffen, um gemeinsam das WM Finale zu sehen. Als wir uns ein Ticket für den nächsten Tag kaufen wollten, waren die Ticketstände am Busbahnhof geschlossen. Am nächsten Morgen sind wir wieder hin. Was uns dort erwartete, war eine Masse an aufgedrehten Bolivianern und jeweils enormem Reisegepäck. Die Hoffnung, am gleichen Nachmittag wegzukommen, sank schlagartig gegen Null. Nach 1,5 Stunden hin und herflitzen und warten, gingen 3 Personen vor uns die letzten 2 Tickets nach Santa Cruz, um von dort weiter zur Grenze nach Brasilien zu fahren. 
Tickets weg, Laune im Keller. Zur Entschädigung suchten wir uns noch ein hübsches Hostel, in dem wir toll kochen und entspannen konnten. 
Zur gleichen Zeit in Sucre waren meine zwei Reisebekanntschaften aus der Schweiz. Die Mädels hatte ich in Buenos Aires getroffen und sie dummerweise in Sucre verpasst. Dabei hätten sie nur eine Email schicken müssen. In Potosí während unseren "Salzminenaufenthalts" verpasste ich Tomas den Kolumbianer von den Iguazu Falls und noch die Kölnerin Nina, mit der ich in Chile unterwegs war. Knapp vorbei jedes Mal. Aber dieses Mal sollte mir das nicht nochmal passieren.

Der Bushorror geht weiter

Dieses Mal wurde Tanja wieder krank. Ich habe ein Breitbandantibiotikum angefangen, sodass es mir wieder besser ging und bei Tanja ähnliche Symptome wie bei mir 3 Tage zuvor. Echt ätzend, da wir wieder mal eine lange Busfahrt auf unbefestigten Straßen vor uns hatten. 15Stunden im Bus, ausnahmensweise mal Beinfreiheit, aber soviel Schotter und ungesicherte Straßen, wie es eigentlich kaum sein kann - anstrengend ³. Ankunft 5Uhr am Terminal Santa Cruz, von wo wir laut vorher erfragter Information ab 7Uhr mit dem nächsten Bus weiterfahren sollten. Überraschung: der nächste Bus fuhr um 17Uhr - 12 Stunden warten!!! Wir schleppten uns durch einen riesigen Supermarkt und freuten uns über soviele lange nicht gesehene Sachen und Lebensmittel. Dann noch das WM-Spiel (ja, es war inzwischen Sonntag und wir noch 2 Tagestouren vom Treffen mit Dennis entfernt). Glückwunsch Spanien! 

Worst case: mochila perdido - Rucksack verschwunden!

Mit einer Stunde Verspätung starteten wir aus der Hitze Richtung Corumbá (Grenze Bolivien-Brasilien). Unser Tickettyp versprach uns, dass wir bis über die Grenze ins brasilianische Corumbá kämen, ohne den Bus zu wechseln. Wir zahlten 130 Bolivianos. Wir waren voller Vorfreude, Bolivien endlich zu verlassen, weil es gesundheitlich genug war. Aber ich hatte schon kurz vor Start ein ungutes Bauchgefühl, dass mein Rucksack nicht im Bus ist. Also bat ich den Fahrer mehrmals, mich in den Kofferraum sehen zu lassen. Er blubberte mir was vor und meinte, alles sei da, wo es sein muss. Auch Tanja ging hin und bat ihn - erfolglos. Selbst unterwegs bei den Pausen kam niemand meinen Bitten entgegen. Einziger Trost: das war die bequemste und platzreichste Fahrt seit Monaten!

Als wir 6.30 in einem kleinen Ort vor der Grenze (immer noch in Bolivien) ankamen, hieß es Endstation. Mir kam schon ein leichtes Aggressionsgefühl den Hals nach oben.
Fazit 1: Wir wurden von der Agentur verarscht, der uns weder über die Grenze noch nach Corumbá fährt.
Fazit 2: Wir wurden als Gringas über den Tisch gezogen und zahlten 130 BOV statt nur 90! 
Fazit 3: Meine weibliche Intuition funktioniert hervorragend! Denn als wir zum Gepäckfach kamen und nur noch Tanjas Rucksack drin lag, platzte mir der Kragen. Mein Rucksack mit allen Habseeligkeiten war weg! Ich fing an wie wild Fragen zu stellen und zu fauchen. Die Typen antworteten mit bla bla und entschuldigten sich noch nicht einmal. Ich wurde lauter und aggressiver und weil mein Spanisch nur bedingt reichte, baute ich ab und zu ein "fuck" ein, was sie verstanden und sich irgendwann mal bequemten, in der Busagentur anzurufen. 
Nach einer Stunde dann die gute Nachricht, dass mein Rucksack gefunden wurde. Er ist in einem anderen Bus in eine andere Stadt gefahren. Er sollte zurückgebracht werden, was insgesamt 6 Stunden dauern sollte. Und das hieß wieder, dass wir den Bus hinter der Grenze nach Bonito, unserem Zielort um Dennis zu treffen, wahrscheinlich nicht kriegen konnten. Aufregen brachte nicht viel, also vertrieben wir uns die Zeit im Internetcafé. Plötzlich um 11.45 legte jemand still und leise meinen Rucksack in die Wartehalle und man rief mich. Da war er! Mein Rucksack! Mit allem drum und dran! Ich war glücklich. Jetzt nichts wie weg aus Bolivien, zack über die Grenze und noch den letzten Bus schnappen. Denkste...

Grenze zu - Nerven blank!

Wir mussten auch noch Geld tauschen, weil man unsere Bolivianos in Brasilien nicht mehr akzeptierte. Wir konnten kein Geld abheben und kratzten unsere letzten Kröten zusammen. Bis sich mal ein Taxi bequemte, uns zur Grenze zur fahren, vergingen wertvolle Minuten. Dann fuhr der uns erstmal schön bis nach Brasilien, was natürlich nicht geht, weil wir dann illegal im Land wären und keinen Einreisestempel hätten. Also zurück zum Bolivienhäuschen zum "einchecken". Der Typ parkte so weit weg, dass wir 2 Minuten nach Mittagspausenbeginn ankamen. Bei gefühlten 38Grad und 25kg Gepäck standen wir vor dem Haus und lasen Mittagspause von 12 bis 14Uhr!!! Es war 12.02 und ich schrie los. Ich schimpfte mit einer Kraft und Ausdauer und fing irgendwann kurz zu heulen an, weil meine Nerven so blank lagen wie noch nie auf diesem Trip. Tanjas Reaktion in solchen Momenten äußern sich als schlapp lachen über die Absurdität unserer Pannen, was mich widerum so irre machte, dass ich sie ganz schön anschnurrte. Daraufhin dampfte sie ab, ich heulte mich aus und stapfte hinterher, um mich zu entschuldigen. Sie verstand mich und wir warteten wortlos im Schatten.
Mit unserer "Bolivien-alles-ist-mir-scheiß egal-Stimmung" bekamen wir 14.10 unseren Ausreisestempel. Raus aus dem zwar wunderschönen, aber gespickt mit einigen Lügnern, Abzockern und Stümpern besetztes Land, welches unsere Mägen demolierte und unsere Nervenkostüme zerriss. 

Am brasilianischen Eingang gab es technische Systemschwierigkeiten, die uns 40 Minuten aufhielten - ich weiß nicht was ein Stempelkissen für den Pass mit Technik zu tun hat? In der Zeit kam noch die beste Nachricht: Es fährt täglich nur ein Bus von Corumbá nach Bonito - um 14Uhr! Wir haben ihn um exakt 50 Minuten verpasst und durften nun 23 Stunden warten! Mein Puls...wir waren inzwischen zu schwach zum Heulen, unser Spanisch war aufgebraucht und die Vorwarnungen wurden rüde bestätigt. 
Es gab ein Hostel, zu dem wir noch gelotst wurden. Vollgepackt mit unangenehm viel Gepäck und schwüler Hitze kamen wir nach 25 Minuten an. Und jetzt das Nächste: wir reisen seit 4 Monaten und noch NIE war ein Hostel ausgebucht. Ratet mal! Voll! Tanja und ich müssen so mitleidig ausgesehen haben, dass die Big Mama des Hostels und ihre Big Tochter einen Plan B für uns hatten. Sie richteten uns die Nachtschicht-Ausruhkammer ein, Extramatratze und fertig. Wir nahmen sofort und dankbar an. Glücklich, nach einigen Wochen endlich in die Wärme zu fahren, braute sich ein wahnsinns Gewitter und Stürme zusammen. Und das hielt an...

Das Hostel war voll mit 46 Teenies (13 bis 19 Jahre) aus Argentinien, die mit den Betreuern Carlos, Rodolfo und Alfredo (40-60 Jahre) unterwegs waren. Laut ,lustig und bald unsere Freunde. Wir erfuhren, dass der Trupp am nächsten Tag in den gleichen Ort wie wir fahren will was uns sehr entgegen kam. Wir wollten sie kennen lernen und mitfahren, um einerseits sicher zu gehen, wegzukommen und andererseits um Geld zu sparen. Ganz zuuuuufällig und scheinheilig kamen Tanja und ich mit einem von den Betreuern ins Gespräch und schilderten erst einmal unsere Mitleid erregende Geschichte und erwähnten unser nächstes Ziel Bonito. Er sprang drauf an und bot von sich aus an, uns mitzunehmen. Volltreffer. Noch ein paar Abklärungen mit den Kollegen und den Fahrern und wir hatten eine kostenlose Mitfahgelegenheit nach Bonito am nächsten Mittag.
Tanja ging sogar noch mit auf eine Flussfahrt, auf die uns die Gruppe eingeladen hatte. Ich hatte mein nächstes Flugticket nicht mehr wiederfinden können und musste mich deswegen telefonisch um das Problem kümmern. Wir trafen uns später am Hafen und hatten eine sehr unterhaltsame, 6 stündige Fahrt. Die Mädels und Jungs scharrten sich im Bus um uns und waren voll begeistert von der Geschichte zweier europäischer Mädels. die auszogen, um die Weltherrschaft an sich zu reißen. Also wir ;) Und irgendwann kamen wir dann nach 72 Stunden Odyssee in Bonito an. Die Freude über das Wiedersehen war groß, das Hostel voll! Wir fanden eine nette kleine Bleibe und gingen noch eine ordentliche Portion weitaus leckereres brasilianisches Grillfleisch verdrücken, obwohl wir gar keins wollten. Die Verständigung war nämlich umso schwieriger, weil die Brasilianier in dem Landesteil mit ihrem Portugieisch unser Spanisch null komma nix verstanden (im Gegensatz zu den Brasilianern im Süden).
Das Wetter ist ganzjährig (eigentlich) der Knaller und Bonito gilt als traumhafter Ort zum Schnorcheln, Tiere entdecken, Höhlenwanderungen und Erkundungen. Das Wetter kühlte sich von 26 Grad schlagartig auf 10 Grad ab und blieb alle Tage so. Wir konnten weder schnorcheln, noch Radtouren starten noch Boot fahren. Tanja kurierte sich noch weiterhin aus. Am zweiten Abend waren wir im Hostel von der argentinischen Teeniegruppe zum Barbeque eingeladen. Das war so nett von denen, sie bedankten sich sogar, dass wir bei ihnen im Bus mitkamen, dabei hatten wir zu danken. Wir brachten 3 kg Snacks und Süßes für die Kids mit und Wein für die Betreuer. Die freuten sich entsprechend und wir bekamen ein sehr sehr schmackhaftes und reichhaltiges BBQ. Der dritte Tag war nur noch 8 Grad kalt und voll verregnet. Gegen Mittag mussten wir leider auch schon alle weiterfahren. Dennis fuhr mit uns noch ein Stück in die gleiche Richtung und dann nahmen wir wieder einmal Abschied. 

Airport geschlossen!
Nach 4 Std. kamen wir um 19Uhr in Campo Grande an und mussten die Zeit bis zum Flieger 5.30 rumkriegen. Wir ließen uns in Zentrumsnähe absetzen und hatten zum Glück nen Brasilianer dabei, der sich auskannte und uns "auf ein Taxi" einlud. Wir gingen was essen und schnatterten ganz nett. Auch da lud er uns ein, alles Firmenrechnung. Das nächste Taxi zum Airport durften wir auch nicht mitfinanzieren. 21Uhr, nur noch gute 8 Std. warten. Wir machten es uns im Airportrestaurant gemütlich und ruhten uns etwas aus. Kaffee, lesen, Tagebuch schreiben.
Bis Mitternacht wurden mehr und mehr Flüge gecancelt und wir wurden langsam stutzig. Zu recht, denn als wir um 1 Uhr einchecken und Gepäck aufgeben wollten, sagte man uns, dass unser Flug nach Salvador noch nicht bestätigt sei und wir gegen 3Uhr wiederkommen sollten. Wir ahnten nichts Gutes, aber wie besch... es noch werden konnte, hätten wir uns nicht ausgemalt. 

Wir wurden stündlich vertröstet. Irgendwann um 6 Uhr erbat ich uns Gutscheine fürs Restaurant, die wir dann nach weiterem Warten bekamen. Inzwischen waren wir 25 Stunden wach und langsam echt groggy, weil wir ja auch nicht schlafen konnten, da unser gesamtes Gepäck um uns herum gelagert war. Immerhin hatten wir eine gemütliche Bank und standen nicht wie hunderte Leute doof in der Wartehall rum. Der Airport entpuppte sich langsam zu einer Kugel aus aggressiv-wartenden Menschen aus aller Herren Länder, deren Minen sich stündlich verdüsterten. Die Schlangen an den Schaltern wurden so lang, dass man das Ende nicht mehr sah und die ersten Kamerateams rückten ein. DIE WARTEHALLE WURDE ZUR WARTEHÖLLE.

Wir ließen uneren Flug auf 14.30 umbuchen und wurden weiter vertröstet. Die Wetterlage verschlechterte sich und alle Flüge wurden gecancelt. Wir bauten uns ein Lager auf. Gepäckwagen am Tisch, nasse Handtücher zum Trocknen drüber, (Hotten Totten) Beine hoch, Schlafsack zum Kuscheln und viel Kaffee. Ich hatte inzwischen 22Seiten Tagebuch geschrieben, Tanja las eifrig ihr Buch und wir machten uns über unsere Missgeschicke der letzten Woche lustig.  Ein netter Brasilianer, Mittvierziger, klein und kahler Kugelkopf mit lieben Augen  kam zu uns und sagte, er wolle uns was schenken. Er beobachtete, wie ich stundenlang mit meinem Minikugelchreiber (5cm) schrieb und überreichte uns 2 schicke Silberkulis. Entzückend. Gegen Mittag Wetter noch mieser, Chancen sanken.  Und dieses Mal versagten auch Tanjas Nerven ähnlich wie meine an der Grenze - nur viel ruhiger ;)  Wir bekamen die nächsten Essensgutscheine und bedienten uns am Buffet. Um 14Uhr sollten wir tatsächlich einchecken. Just in dem Moment als wir zur Tür gehen, kommen uns alle entgegen. Neue Nachricht:
DER AIRPORT WIRD GESCHLOSSEN - auf unbestimmte Zeit. 

Grund: einmal alle 10 Jahre gibt es einen Klimasturz in Brasilien, wo es jahresdurchschnittlich 25 Grad sind. Außer jetzt: 12 Grad, Nebel und Regen.

Super, das fehlte noch. Zurück zum Schalter, nächsten Flug buchen. Es war Freitag Nachmittag und alle Samstag Flüge waren weg! Prima, noch 2 Nächte in der Klimafalle. Wir fragten erneut und bestimmter und fordernder nach einem Hotel. Nachdem man uns morgens sagte, dass die Fluggesellschaft keine Hotels stellt, da es höhere Gewalt ist, kamen sie uns dieses Mal tatsächlich entgegen und stellten uns 2 Tage ein Hotel! Wahnsinn. 
Wir drehten langsam durch. 40 Stunden wach, 23 Stunden am Airport warten. Unser Unmut und die totale Übermüdung schlugen um in Albernheit und Lachanfälle. Wir mussten nämlich weitere 3 Stunden auf die Gutscheine warten.


 



Dann brachte uns tatsächlich ein Taxi ins Hotel. Und was für eins. Unsere Pechsträhne wurde unterbrochen. 4 Sterne, schicker marmorierter Eingang, Pagen, roter Teppich. 2 Nächte inklusive Frühstück, Mittags- und Abendbuffet!!!
Eine 36 stündige Schlaf-Ess-TV-Orgie startete. Bequeme Betten, KabelTV, eine lange heiße Dusche, schneeweiße Laken und relaxen. Wie lange hatten wir sowas nicht? Das Essen im Hotel war super. Nach dem bolivianischen Essgrusel der letzten Wochen wurden wir hier absolut verwöhnt am riesigen Buffet - 3 mal täglich. Zwischendurch jeweils 3 Filme und pennen. 
 
Wir trafen noch Rodrigo, den wir am Flughafen kennenlernten. Der hatte die Info, dass auch am Sonntag noch keine Flüge starten und sämtliche Flüge für Montag und Dienstag ausgebucht waren! Das war zu viel! Wir starrten uns an und begannen uns schlapp zu lachen. Daraufhin gönnten wir uns ne Flasche Martini von der Tanke und bekamen für die Nacht sogar Rodrigos Laptop und schauten bis 2Uhr Greys Anatomy auf DVD. Dummerweise mussten wir 5Uhr raus, weil wir uns entschieden hatten, mit dem Bus nach Sao Paulo zu fahren und von dort nen Anschlussflug zu buchen. 6.30 ausgecheckt und die Rechnung  unterschrieben. Unser Aufenthalt hat die Fluggesellschaft glatte 200€ gekostet!

Am Airport wurde uns bestätigt, dass ein Bus nach Sao Paulo gestellt wird, sodass wir in einem nigel nagel neuen Bus mit Essen und Trinken durch Mato Groso del Sur düsen konnten und die zunehmende Wärme des Landes spürten.

Hochachtungsvoll und wieder zufrieden gestellt, Eure Caro